Tests
Genussmittel zum Zweck
Der Boom der letzten Jahre geht weiter: Der motorisierte Zwei radmarkt über 50 Kubikzentimeter legte auch 2021 zu – und zwar deutlich stärker, als ein erster Blick vermuten ließe. In der Zulassungsstatistik für 2020 waren nämlich noch viele Werkszulassungen der KTMGruppe „versteckt“, mit denen man auslaufende Euro-4-Fahrzeuge in letzter Sekunde auf die Straßen brachte. Bereinigt um diese strategischen Maßnahmen, konnte der Motorrad- und Rollermarkt auch 2021 im zweistelligen Bereich zulegen.
Dieses Wachstum umfasst die Elektromobilität, wobei man hier klar unterscheiden muss: Im Bereich der großen Motorräder spielt Strom als Antriebsquelle nach wie vor keine Rolle. Hier bekommen jedes Jahr lediglich ein paar handverlesene Exoten ein neues Kennzeichen zugewiesen. Ein schönes Plus von 22 Prozent verzeichnen Stromer hingegen in der A1- oder 125er-Klasse, die man bei Code-111-Ausbildung auch mit Auto-Führerschein bewegen darf. In dieser Liga wird mittlerweile jedes achte neue Fahrzeug elektrisch angetrieben. Mit spannenden Neuheiten in dieser Saison dürfte dieser Wert munter weiter steigen.
BMW. Die wichtigste Neuheit der Bayern für diese Saison betrifft auch schon ein Elektrofahrzeug: den CE 04, die zweite Generation eines hauseigenen Elektrorollers. Der avantgardistisch designte Scooter um € 12.150,– bietet bis zu 42 PS Maximalleistung, 130 Kilometer Reichweite und 120 km/h Topspeed; die Komponenten für die Antriebstechnologie stammen von den Pkw-Kollegen. All jene, die nur einen A1- oder B-Führerschein mit Code 111 besitzen, können auch eine leistungsreduzierte Variante ordern.
Brixton. Die junge österreichische Marke steigt heuer in die Big-Bike-Liga ein: Die Cromwell 1200 mit 82 PS starkem Reihen-Zweizylinder ist einklassisch gezeichnetes Naked Bike, besitzt aber mit TFT-Display und Traktionskontrolle auch moderne Zutaten. Der Preis ist ambitioniert: € 10.999 ,–. Die Erfolgswelle will man mit weiteren neuen Modellen und Modellderivaten nützen, etwa der Crossfire 500XC mit längeren Federwegen oder der schnittigen Crossfire 125 mit flüssig gekühltem, 15 PS starkem Achtellitermotor.
Ducati. Die Italiener waren diesmal besonders fleißig und schütten ein Füllhorn an neuen Modellen aus. Besonders interessant ist die Streetfighter V2 als kleine Schwester der V4. Mit 955 ccm, 153 PS und 200 Kilo vollgetankt positioniert sie sich am Schnittpunkt von Straße und Rennstrecke, ist mit € 19.595,– allerdings auch preislich abgehoben. An ambitionierte Abenteurer richten sich die Italiener mit der neuen DesertX. Die 110 PS starke und € 18.395,– teure V2-Reiseenduro kombiniert lange Federwege und ein 21-ZollVorderrad mit einem Style, der an Dakar-Bikes der Achtzigerjahre erinnert.
Harley-Davidson. Die Amerikaner legen ein etwas ruhigeres Jahr ein. Wichtigste News: Die bislang den teuren CVO-Modellen vorbehaltene 117erVariante des Milwaukee-8-Motors wird nun auch für ausgewählte Modelle der Standard-Palette verwendet. Den Anfang machen die Low Rider S sowie deren neue Version ST (mit Seitenkoffern und kleiner Verkleidung) sowie ST-Varianten der Street Glide und Road Glide. Der 1923 ccm große Motor leistet je nach Modell 104 oder 106 PS.
Honda. Mit einem Paukenschlag kehren die Japaner ins Touring-Segment der Mittelklasse zurück: Die Honda NT1100 nützt die technische Basis der Africa Twin, um ein äußerst komfortables, funktionelles und leistbares Reisemotorrad zu schaffen. Im Preis von € 15.490,– sind sogar die Seitenkoffer inkludiert; auf Wunsch ist auch das Doppelkupplungsgetriebe DCT zu haben. Weitere News umfassen den „Adventure-Scooter“ ADV350 mit 29 PS um € 6590,– und eine umfassend aufgewertete Halbliterklasse mit CB500F, CB500X und CBR500R.
Husqvarna. Bei der austro-schwedischen Marke debütiert mit der Norden 901 die erste Reiseenduro. Die technische Basis wird von der KTM 890 Adventure beigesteuert, die Ausstattung ist jedoch eine Spur hochwertiger, das Fahrwerk komfortabler abgestimmt. Der 105 PS starke Allrounder kostet € 16.349,–.
Indian.Größer ist besser: Unter dem Motto präsentiert Indian einen neuen XXL-Tourer namens Pursuit, der von der Challenger abgeleitet wird. Der flüssig gekühlte, moderne V2-Motor leistet wie dort 121 PS, dazu kommenein elektrischer Windschild, Koffer, Topcase, Beinschilde und ein sieben Zoll großes Connectivity-System. Die Preise beginnen bei € 40.390,–.
Kawasaki. Retro-Style mit moderner, erprobter Technik zum überschaubaren Preis von € 8299,–: So lautet das Rezept der hübschen Kawasaki Z650RS. Der bekannte Motor leistet 68 PS und bringt in Verbindung mit dem niedrigen Gewicht quirligen Fahrspaß bei einfacher Fahrbarkeit. Die mit dem gleichen Motor befeuerte Versys 650 erhält ein Facelift und mehr Ausstattung in Form eines TFT-Displays und einer Traktionskontrolle. Auch am anderen Ende der Reiseskala legt Kawasaki nach: Die Ninja H2 SX mit 200 PS starkem Kompressormotor kehrt zurück und besitzt nun um € 29.949,– sogar einen adaptiven Tempomaten und eine ToterWinkel-Überwachung.
KTM. Viel Feinschliff und neue Varianten kommen heuer aus Mattighofen. So erhält die 180 PS starke 1290 Super Duke R eine Evo-Version zur Seite gestellt, die unter anderem ein innovatives elektronisches Fahrwerk besitzt (€ 24.099,–). Neue Farb- und StyleVarianten spendiert man der Duke 890, zusätzlich wurde das kompakte Sportbike RC 390 renoviert und mit Assistenzsystemen ergänzt, die in dieser Klasse bislang nicht zu haben waren. Preis: € 7449,–.
Moto Guzzi. Auch eine andere Kultmarke sorgt für Aufsehen: Mit der V100 Mandello bringt Moto Guzzi ein Mittelklasse-Bike, das zwischen Nakeds und Sporttourern angesiedelt ist. Die kleine Scheibe wird elektrisch bedient, dazu klappen bei höheren Geschwindigkeiten in die Tank-Seiten integrierte Deflektoren auf, um den Windschutz zu verbessern (adaptive Aerodynamik). Der völlig neue, jetzt flüssig gekühlte Motor mit 1042 ccm leistet 115 PS, ein Kardan ist Ehrensache. Die Einführung erfolgt erst zur Jahresmitte.
Suzuki. Im Fokus steht bei Suzuki 2022 die Einführung der GSX-S1000 motorzweirad GT. Der scharf gezeichnete Sporttourer klassischen Zuschnitts erhält die jüngste Evolutionsstufe des bekannten Vierzylinders mit 152 PS. Dazu besitzt das Bike als erste Suzuki ein TFT-Display mit Connectivity-Funktionen. Preis: € 16.490,–.
Triumph. Neben vielen Sondermodellen und Varianten bringen die Briten heuer zwei in sehr populären Segmenten angesiedelte Neuheiten. In der Mittelklasse zielt die Tiger Sport 660 (Dreizylinder, 81 PS) mit ausgeprägten universellen Talenten auf Käufer mit schmäleren Budgets: € 9895,– kostet der Allrounder. In der AdventureOberliga positioniert man hingegen die neue Tiger 1200, die deutlich leichter und mit 150 PS auch stärker wurde. Die in fünf Varianten erhältliche Großkatze kostet ab € 20.450,–.
Yamaha. Auch bei Yamaha war man rührig: Neben einer deutlich veränderten XSR900 – das Dreizylinder-Retro-NakedBike in zweiter Generation leistet nun 119 PS – und dem rundum überarbeiteten Sportroller TMAX steht vor allem die zweite Generation der MT-10 am Start. Der erneut radikal gestaltete Streetfighter erstarkt auf 166 PS und erhält ein umfassendes Technologie-Update; die Preise beginnen bei € 18.699,–. Interessant für Globetrotter: Die beliebte Ténéré 700 erhält mit der Variante „World Raid“ eine Version mit mehr Tankinhalt, längeren Federwegen und verbesserter Ausstattung – um € 13.699,–.
- PETER SCHÖNLAUB