Tests
Honda e
Coole Optik, viel Charme und noch mehr Technik in Hondas erstem E-Auto.
Nein, was Sie hier sehen, ist kein neuer Einser-Golf im Retro-Style. Dieses Auto kommt von Honda, nennt sich schlicht „e” und fährt – erraten – rein elektrisch. Bevorzugtes Revier des nur 3,90 m kurzen Viersitzers ist die Stadt, was auch seine maximale Reichweite von vergleichsweise bescheidenen 210 km (WLTP) unterstreicht. Aber der Reihe nach: Der Honda e bricht mit der bislang typisch scharf gezeichneten Optik des japanischen Herstellers. Seine runden LED-Glupschaugen und seine knuffigen Proportionen sammeln Sympathiepunkte.
Kamera statt Spiegel. Großes Kino wird im wahrsten Sinne im Inneren geboten. Auf einer geschmackvollen Holzdekorleiste thront eine regelrechte Wand an Displays Marke Spielhölle. Da könnte selbst James Kirk neidisch werden. Insgesamt fünf (!) Bildschirme reihen sich von einer Seite des Fahrzeugs bis zur anderen. Die jeweils äußeren zeigen das Bild der serienmäßigen Außenkameras und ersetzen die herkömmlichen Rückspiegel. Gewöhnungsbedürftig, aber gestochen scharfes Bild. Die Bedienung der vielen Funktionen erfolgt größtenteils über die beiden 12,3-Zoll-Touchscreens, deren Inhalte sich auch gegenseitig hin und her schicken lassen. So kann z. B. der Beifahrer das Naviziel eingeben und das Routing aufs linke Display zum Fahrer schicken. Das alles großteils schlüssig, setzt aber etwas Übung voraus. Verspielt wie die Japaner sind, kann man sich sogar ein Aquarium aufs Display zaubern. Der Pausenfüller funktioniert aber nur am Stand, sicher ist sicher. Sonst würde während der Fahrt vielleicht noch virtuelles Wasser überschwappen. Was Nerds (neudeutsch für technikverliebte Computerspezialisten) freut, könnte weniger Technikverliebte auch verschrecken.
Platzmäßig gibt’s vorn nichts zu klagen, im Fond kann der Honda e seine Kleinwagen-Gene aber nicht leugnen. Die hinteren Plätze sind Großgewachsenen eher nur für Kurzstrecken zu empfehlen. Mit nur 171 Litern ist der Kofferraum auch weniger für Urlaubsreisen ausgelegt, zudem ist die Fondbank nicht teilbar.
Punkten kann der kleine Honda in der Stadt: Hier fährt er handlich und agil und dreht mit nur 8,6 m Wendekreisdurchmesser fast auf der Stelle um. Mit leichtfüßigem Fahrgefühl dank 50:50 Gewichtsverteilung und Heckantrieb sowie präziser Lenkung sorgt der kleine Stromer für Laune.
Den E-Motor bietet Honda übrigens in zwei Leistungsstufen (136 und 154 PS) an, im von uns gefahrenen Advance leistet er 154 PS und schafft es in flotten 8,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Ein Druck auf die Taste mit dem Schuh-Symbol in der Mittelkonsole erlaubt Fahren im „One-Pedal”-Modus, per Wippen am Lenkrad lassen sich die Rekuperationsstufen einstellen. Was ein wenig die Stimmung trübt, ist die knappe Reichweite. Aufgrund der kleinen 35,5-kWh-Batterie und des nicht gerade unbescheidenen Verbrauchs (bis zu 20 kWh/100 km) sind in der Praxis kaum mehr als 180 km drin.
Langes AC-Laden. Angesteckt wird über eine praktische Klappe auf der Motorhaube: Schnellgeladen (DC) ist der Akku in nur 30 Minuten zu 80 Prozent voll. Aber nicht technischer Letztstand ist das einphasige AC-Laden mit nur 3,7 kW/h an einer üblichen 11-kW-Wallbox, hier dauert es fast zehn Stunden. Dreiphasiges Laden wäre in diesem Fall wünschenswert. Auf einer 22-kW-Wallbox (meist im öffentlichen Raum) fließt der Strom mit 6,6 kW/h Ladeleistung, dann ist der Honda in rund fünf Stunden voll. Weniger empfehlenswert ist das Laden an der herkömmlichen Haushaltssteckdose, hier braucht es bis zu 19 Stunden!
Preislich geht’s ab € 34.990,– los, der stärkere Advance kommt auf € 37.990,– (exkl. Förderung). Ein stolzer Preis, angesichts der üppigen Komfort- und Sicherheitsausstattung aber durchaus fair. Unterm Strich ein charmantes E-Stadtauto mit viel Technik und KultPotenzial. Für „analoge” Autofahrer weniger empfehlenswert.
| Honda e | € 34.990,– |
| Motor: | Elektromotor, Batterie 35,5 kWh |
| Systemleistung: | 113 kW/154 PS |
| L/B/H: | 3894/1750/1512 mm |
| Testverbrauch: | 17,2 kWh/100 km |
| MVEG-Verbrauch komb.: | 10–20 kWh/100 km |
| CO2-Emission: | 0 g/km |
| 0-100 km/h; Spitze: | 8,3 s; 145 km/h |
| Gepäckraumvolumen: | 171-861 Liter |
ARBÖ-Fazit:
Plus: Agiles Fahrgefühl, umfangreiche Ausstattung, moderne Technikfeatures.
Minus: Winziger Kofferraum, knappe Reichweite, geringe Ladeleistung beim AC-Laden.